über das rauchen.
angefangen hatte die raucherei zusammen mit einem gewissen markus ziegenbein in einem baumhaus nahe dem daglfinger s-bahnhof im sommer 1983. zunächst mit stuyvesant, später camel, teils ohne filter, gauloises, lucky strike, players und selbst gedrehte. zur beginnenden vaterschaft 1998 hätte ich ganz gerne wieder damit aufgehört, aber der wille war zu schwach.

am montag, den 4. januar 1999, dem ersten handelstag des euro, habe ich meine letzte zigarette geraucht. das war nach einem mehrere tage dauernden softwarewechsel auf eine neue version des handelssystems der damaligen direkt anlage bank, die später, anfang 2014 als dab bank von der bnp paribas übernommen wurde und inzwischen mit der bnp paribas tochter consors verschmolzen ist. das softwareupdate war sehr zeitaufwändig und alle it-abteilungen in allen banken im damaligen euro-raum waren mit dem gleichen thema beschäftigt. der euro wurde als führende währung eingeführt und ersetzte damit als buchgeld die bisherigen landeswährungen in belgien, deutschland, finnland, frankreich, irland, italien, luxemburg, niederlande, österreich, portugal und spanien. schilling, lira und bei uns eben die dm wurden nur noch aus dem referenzkurs errechnet und angezeigt. bei der dm war und ist das 1 € = 1,95583 dm. an diesem montag im januar 1999 nach rund 72 stunden it-change, beschloss ich am späten vormittag spontan, dass das rauchen mir nicht mehr schmeckt. die letzten tage waren geprägt von warten auf datenbank exporte und importe, hoffen darauf, dass ein etliche stunden lang dauernder befehl nicht im letzten moment noch abbricht und währenddessen gab es kaffee und zigaretten. danach war es genug mit den kippen.

es hielt nicht lang. einige wochen später stillte ich den nikotinbedarf mit zigarren. das hatte vorteile. die regelmässigkeit war unterbrochen und eine zigarre beansprucht zeit, so ließ sich die häufigkeit gut unter kontrolle halten. es lagen tage, teilweise wochen zwischen zwei rauchgelegenheiten. mit der zeit wurden die zigarren kleiner und die pausen dazwischen kürzer. dennoch hatte ich mich mit dem rauchen arrangiert. aufhören kam schon aus protest gegen die neuen nichtrauchergesetze keinesfalls in frage. mit den jahren wandelte sich die reaktanz gegen die raucherdiskriminierung in einen widerstand gegen den inneren zwang zu rauchen, sobald die bedingungen vermeintlich passten. es kam immer öfter vor, dass ich trotz günstiger gelegenheit keine lust hatte zu rauchen und schließlich die befriedigung aus dem "nicht rauchen müssen" zog, statt dem rauchen selbst. das mesocortikolimbische dopaminergene belohnungssystem schlug jetzt an, wenn ich trotz zeit und milden wetterbedingungen nicht rauchen musste und dem inneren zwang widerstand.

nicht rauchen zu müssen war dabei wie ein lästiges medikament absetzen zu dürfen. selbst nach dem essen eine zigarre nicht zu rauchen war ein positives gefühl, das man aber nur empfinden kann, wenn man das rauchen kennt. manchmal war es auch andersrum und ich mochte schon gern rauchen und dann brauchte es ein bisserl entschiedenheit, bis die appatenz überwunden war.

als es auf ein halbes jahr zuging und die für und wider ausgiebing mental auseinandergesetzt waren, ließ ich den gedanken zu, wieder damit anzufangen oder es zumindest zu probieren. ich probierte es einige male, habe es aber immer nach ein paar zügen wieder sein lassen, weil die erhoffte befriedigung nicht eintrat.

nach einem jahr, in lauen sommerfestnächten war das verlangen nach einer zigarre noch immer gegeben und selten gab ich dem nach, meistens nicht.

nach zwei jahren werde ich öfter schwach, beim feiern oder nach aufregenden urlaubsetappen über russische grenzübergänge, aber die anstrengung des rauchens überwiegt meistens das glücksgefühl, so dass ich es wieder bleiben lasse.

derzeit bin ich in der komfortablen situation nicht zu rauchen und mir doch selten, wenn mir danach ist, ein zigarrchen erlauben zu dürfen, ohne gleich am nächsten tag wieder rauchen zu wollen. aufgehört und seitdem nur noch kontrollierte ausnahmen zulassend habe ich einen tag nach lucies achtzehntem geburtstag. am gleichen tag fand auch das petunienweg straßenfest statt, bei dem ich meine vorerst letzte cohiba siglo ii geraucht habe. .

«ich verstehe es nicht, wie jemand nicht rauchen kann - er bringt sich doch, sozusagen, um des lebens bestes teil und jedenfalls um ein ganz eminentes vergnügen!» hans castorp in thomas manns roman "der zauberberg".